Eine Herzensangelegenheit
Der Deutschlandfunk ist ein Kind des Kalten Krieges. Der Sender sollte seine „Ätherwellen“, von denen Bundespräsident Heinrich Lübke bei der Gründung 1962 noch sprach, über Mauer und Stacheldraht hinwegsenden. Erstes Zielgebiet war also die DDR. Aber der DLF hatte von Anfang an auch ein Europaprogramm, und ich kann mich gut erinnern, dass ich den Sender noch in den späten 90er Jahren in Polen über die dumpf rauschende Langwelle gehört habe. So etwas schweißt natürlich emotional zusammen, und deshalb gestehe ich auch gern, dass ich seit einem Vierteljahrhundert zum (viel zu kleinen) DLF-Fanklub gehöre. Ja, es ist eine Herzensangelegenheit.
Aber auch wenn ich ein paar Schritte zurücktrete, um Distanz zu gewinnen, bleibt es dabei: Die Europa-Berichterstattung des DLF ist für mich das mit Abstand beste Angebot seiner Art im deutschsprachigen Raum. Und das betrifft keineswegs nur die aktuellen Informationen, Analysen und Kommentare. Vor allem die beiden fest platzierten Sendungen „Europa heute“ und „Gesichter Europas“ eröffnen mit ihren Interviews, Features und Reportagen von Montag bis Samstag Panoramablicke auf den Kontinent, die man anderswo kaum findet. Dass der DLF dabei nicht an den Grenzen der EU haltmacht, sondern auch den Westbalkan, den postsowjetischen Raum oder die Schweiz und Norwegen in den Blick nimmt, versteht sich fast von selbst. Die Briten blieben also auch nach einem Brexit dabei.
Vollends selbstverständlich ist im digitalen Zeitalter, dass das komplette Europa-Angebot des DLF auf der Website oder per Mediathek-App jederzeit zum Nachhören und meist auch zum Nachlesen abrufbar ist, am einfachsten als Podcast-Abo oder RSS Feed. Die Langwelle dagegen ist seit einigen Jahren abgeschaltet, was ich persönlich sehr bedauere, denn das Rauschen hat den Raum sinnlich erfahrbar gemacht. Aber ich tröste mich mit den großartigen Inhalten, für die vor allem den großartigen Korrespondentinnen und Korrespondenten des DLF zu danken ist.