25. November 2020
Silke Jäger

Schaulaufen oder…?

Seit 1985 wird jedes Jahr mindestens eine Stadt zur EU-Kulturhauptstadt gekürt. Am Anfang waren es vor allem die großen Städte: Athen, Amsterdam, Berlin, Paris, Stockholm zum Beispiel. Doch inzwischen sind es die kleineren Städte, die zur Kulturschau einladen. Auf dieser Website stellt die EU-Kommission die Städte und das Bewerbungsverfahren vor.

Zwölf Monate lang glänzen die Kulturhauptstädte mit einem vielfältigen kulturellen Angebot: Theater, Musik, Tanz, Literatur, Kunst. Die Städte präsentieren vor allem die Kreativität ihrer Einwohner. Denn ein Teil des Konzepts ist es, das Programm „von unten nach oben“ zu entwickeln: Kultur zum Mitmachen – aus der Stadt für Europa. So soll sich unter anderem das Gefühl festigen, dass alle EU-Bürgerinnen und -Bürger dem gemeinsamen Kulturkreis Europa angehören. Es geht um das Zusammengehörigkeitsgefühl, um Austausch und Begegnung – aber auch um die kulturelle Belebung und die Ankurbelung des Tourismus.

Das geht natürlich nicht ohne aufwändige Vorbereitung. Und die kostet. Da stellt sich die Frage: Was bringt das langfristig für die Stadt? Ein sehr hörenswerter Beitrag des Deutschlandfunks widmet sich genau dieser Frage. Anhand von ausgewählten Beispielen beleuchtet er ganz unterschiedliche Aspekte des Vergabeverfahrens, der Ausrichtung des Kulturangebots und des Effekts. So ist beispielsweise Liverpool seit 2008, als es Kulturhauptstadt war, aufgeblüht. Aus der tristen, in die Jahre gekommenen Industriestätte ist eine lebendige Stadt geworden, die ihr Erbe nutzt und sich zu einem einladenden Begegnungsort verwandelt hat.

Aber nicht immer geht es so gut aus. Es gibt auch Beispiele, die zeigen: Das Kulturjahr kann ein Strohfeuer sein. Dann verschwindet der Geist des Aufbruchs nach zwölf Monaten wieder und die Inspiration findet keine Anknüpfungspunkte mehr. Ladenleerstand, isolierte Installationen ohne Verbindung zur Umgebung und leere Kassen bleiben zurück. Aber meist bleibt immerhin die Erinnerung an ein gutes Jahr erhalten.

Ob der Impuls nachhaltig ist oder nur kurzlebig, entscheidet sich schon lange vorher. Deshalb haben die Bewerberstädte auch vier Jahre Zeit, sich vorzubereiten auf ihr Kulturjahr. Inzwischen haben 50 Städte den Titel getragen. Damit sind vielfältige Erfahrungen entstanden, aus denen Anwärter ihre Lehren ziehen können. Spannend, sich mit den Geschichten der Kulturhauptstädte zu beschäftigen! Das wird aber sicher noch durch einen Besuch in der Kulturhauptstadt übertroffen. Im Jahr 2019 haben wir dafür gleich doppelt Gelegenheit: In diesem Jahr tragen den Titel die bulgarische Stadt Plovdiv und die italienische Stadt Matera. Viel Vergnügen beim Kulturerlebnis!

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